Das Event „Driftweek“ lässt sich weder in einem Satz noch auf einer Seite erklären. Es ist wie das Driften selbst, du kannst das Gefühl des Fliegenlassens nur schwer in Worte fassen.
Wie der Name schon sagt „Driftweek“ - zu deutsch Driftwoche - handelt es sich hier nicht um das übliche Driftwochenende, sondern eine zweiwöchige Veranstaltung. In diesen zwei Wochen stehen 5-6 verschiedene Rennstrecken auf dem Plan, mit einem Aufenthalt von 1-2 Tagen. Hochgerechnet sind das ca. 9 Trackdays in 14 Tagen.
Eine entscheidende Spielregel, du darfst zum ersten Track mit deinem Gespann anreisen, aber ab dann heißt es:
Alles auf Drift-Achse fahren!
Kunterbunte Driftautos, mit Frittentheke, Rennkäfig, 65° Lenkwinkelkit, 100% zugeschweißtem Diff, quick-release Lenkrad, Flyoff, ohne Schalldämpfer, ohne ESP und ABS auf Driftreifen unterwegs quer durchs Land. Für uns Europäer unvorstellbar, allein schon bei dem Gedanken daran hörst du die Sirenen klingeln.
Doch wenn man alles im Driftauto fahren muss, wie transportiere ich mein ganzes Ersatzteilelager mit Räder und Co.?
Die Veranstalter nehmen 6 Räder und eine Transportbox für dich mit. Mit Valino ist ein hervorragender Reifenservice mit an Bord. Also für Räder und Reifentransport ist gesorgt. Alles andere muss im Driftauto transportiert werden. Dachträger und Anhänger (gezogen vom Driftauto!) sind erlaubt. Dies reduziert Ersatzteile und Werkzeug auf ein Minimum, was halt zwischen Renntank, Feuerlöscher und Käfig Platz findet. Das Ersatzgetriebe bleibt jedenfalls zuhause.
Morgens sich aus dem Bett quälen, den Morgensport kann man getrost auslassen, die ersten Dehnübungen hat man beim Einsteigen ins vollbeladene Driftauto. Auto anmachen und die gesamte Nachbarschaft wecken, was in Amerika keinen stört. Nun geht’s ans Armtraining; irgendwie die richtigen Gänge reinbuxieren zum Ausparken, Kurbeln muss man nicht viel, Lenkwinkel sei Dank. Noch ein kurzer Besuch bei der Tankstelle, man will ja schließlich den ganzen Tag Driften. Hier begegnet man den ersten anderen bunten, vollbeladenen Driftern. Von hier geht’s über die amerikanischen Schlaglochstraßen zur Rennstrecke. Hiernach ist der Rücken auch trainiert, oder ramponiert, je nach Wahl des Driftfahrwerks. Schnell ein Autogramm auf dem Haftungsverzicht setzen, dann beginnt das Yoga-Krafttrainingworkout: Driftauto ausladen. Der Kleinkruscht ist schnell erledigt, doch wie zum Geier kriegen wir das Rad auf der Rückbank zurück in den Kofferraum? Sitzlehne umklappen geht bei Rennschalensitzen nicht, außerdem wären da noch Käfigstreben im Weg. Sitz vorschieben geht auch nicht, der ist ja fest verschraubt. Schonmal durch den Kofferraum Richtung Rückbank gekrabbelt? Andere Version von nach unten schauender Hund. Ab zum Driver’s Briefing: Have fun and don't die - Habt Spaß und bringt euch dabei nicht um.
Und los geht’s; Helm auf, wieder ins Auto reinschälen und ab auf die Strecke. Hier wird nun geballert bis entweder die Reifen kein Bock mehr haben, das Auto keinen Bock mehr hat, man Hunger hat, Pippi muss, oder man mal eine Pause braucht.
Reifen sind runter? Kein Problem, abmontieren, zu Valino rollen, anderes Räderset montieren, runterfahren, repeat.
Hunger? Kareless begleitet uns auf alle Rennstrecken und versorgt uns mit Frühstück und Mittagessen. Hingehen, Futter mitnehmen, entweder den eigenen Drifter mit Essen vollstinken oder sich ein Plätzchen an der Strecke suchen, um den Kollegen beim Durchdrehen zuzuschauen.
Pippi? Hierfür hat es auch Abhilfe an der Strecke. Wobei wir auch schon eine Strecke hatten, bei der die Herren gebeten wurden, den Zaun zu beehren, damit das Klo auch nach 12 Uhr mittags noch funktioniert.
Auto hat ein Problem? Hier hat man mehrere Möglichkeiten; Gut zureden oder ignorieren (hilft beides manchmal), wenn nicht, dann vielleicht reparieren. Wenn man selber nicht das richtige Werkzeug dabei hat, dann findet sich irgendein anderer Teilnehmer, der es hat. Irgendwas gebrochen? Querlenker durch? Rad ab? Mensch mit Schweißgerät fragen. FDF-Teil ausgeschlagen? Alle anderen Corvette-Fahrer fragen, die ihr Auto vor dem Wisefab Release gebaut haben. Auto macht Pippi? Amerikanische Variante: Fehlende Flüßigkeit identifizieren und nachfüllen. Deutsche Variante: zusätzlich noch undichte Stelle ausfindig machen und abdichten, dass amerikanische Variante nicht bis Ende der Driftweek alle 3 Stunden wiederholt werden muss. Motor kaputt? Ausbauen, reparieren, wieder einbauen. Corvette erkennt den FOB nicht und startet nicht mehr? Bis zum Ende der Veranstaltung das Auto laufen lassen.
Pause? Ja, hier verlässt man die Strecke tatsächlich auch, weil man Pausen braucht. Obwohl wir 50 Fahrzeuge sind, verteilen sich alle gut auf der Strecke. Das heißt, non-stopp Fahrzeit von morgens um 9 Uhr bis abends um 17 Uhr. Außer wir haben Nachtdriften, dann bis 22 Uhr. Wartezeiten wegen überfüllter Strecke gibt es fast nie. Wartezeiten entstehen nur, wenn die Strecke gesperrt wird zur Fahrzeugbergung (Auto hat keinen Bock mehr, ein Rad ist abgefallen oder irgendwas brennt). Ihr fragt euch, wie man bei 50 Fahrzeugen so viel Fahrzeit hat und wo die 50 Fahrzeuge sind? Einen Teil davon findet man als Tandem-Knödel auf der Strecke, der Rest beschäftigt sich mit oben erläuterten Themen; Reifenwechsel, Auto reparieren, Hunger, Pippi, Pause.
Abends geht alles den Retourgang; Begleitet von Hammerschlägen, dem Zischen des Schweißgeräts, aufheulenden Motoren packen wir alles wieder ins Auto. Das Rad von der Rückbank zu fischen war scheiße. Ach egal, wieder auf die Rückbank damit. Nächster Tagespunkt: Gemeinsames Abendessen beim BBQ-Restaurant, dessen Parkplatz trotz amerikanischer Parkplatzgröße zu klein ist für den Andrang für 50 Driftautos. Mit gefüllten Mägen geht es wieder mit Dehnübungen in den vollbeladenen Drifter. Nun geht es entweder zurück zur Unterkunft, sind wir am nächsten Tag auf der gleichen Rennstrecke. Sind wir nicht nochmal auf derselben Rennstrecke, geht es ans Ausdauertraining: ein paar Kilometer zur nächsten Rennstrecke zurückzulegen. Unter ein paar Kilometern versteht sich mindestens 2 Stunden Fahrt. Die Strecken liegen teilweise über 8-12 Stunden Fahrtzeit auseinander. Der Veranstalter ist jedoch so fair und gibt uns einen Anreisetag für Strecken, die um die 8 Stunden auseinanderliegen.
Natürlich ist es jetzt schon stockduster, hier beginnt das Augentraining. Abblendlicht, damit sieht man mich vielleicht, aber ich seh nichts damit. Also Fernlicht an, ahja, ich erkenne eine Fahrbahnbegrenzung vor mir. Fügt man hier Regen hinzu, sind wir wieder bei Step 1: Ich seh nichts. Aber man muss ja irgendwie zur nächsten Strecke kommen. Guter Anhaltspunkt, dass man sich noch auf der Straße befindet, ist erstens natürlich das huppelige Gefühl, wenn man plötzlich mit einem Rad auf dem unbefestigten Seitenstreifen aufkommt, aber es könnte auch eine der 100 Schlagloch Straßen von Amerika sein. Zweiter guter Anhaltspunkt sind die Rückleuchten vom Vordermann. Einfach hier direkt hinten dranhängen. Mit Glück sieht der mehr als man selber.